Viele Unternehmen arbeiten bereits eifrig an der Umsetzung der SDGs (Sustainable Development Goals). Doch damit sich ihr Engagement nicht in Maßnahmen erschöpft, die nur guten Willen bezeugen, braucht es einen differenzierten Ansatz.
Das Personalmanagement kann hier vorangehen – mit einer Gestaltung seiner Prozesse, die ökonomische, soziale und ökologische Faktoren zusammen denkt.
Wird von Nachhaltigkeit gesprochen denken wir sofort an Umweltschutz und Klimawandel. Nachhaltigkeit ist jedoch vielschichtiger und betrifft vor allem JETZT das Personalmanagement. Geburtenschwache Jahrgänge, Fachkräftemangel und der drohende „Brain Drain“ durch den Ruhestand der Baby-Boomer zeigen uns auf, dass die Bedingungen für Unternehmen zunehmend schwieriger werden. Zusätzlich rücken auch allgemeine Themen des nachhaltigen Handelns verstärkt ins Zentrum des Personalmanagements. Unternehmen, die schon heute den Blick weiten, werden auch in Zukunft die Grundlagen für Spitzenleistungen vorfinden.
Unternehmen sind genauso gefordert, wie jeder einzelne Mensch, diese Verantwortung anzunehmen und sich nachhaltig aufzustellen.
Dem Personalmanagement kommen dabei mehrere Rollen zu. In der Rolle des strategischen Partners überträgt HR die nachhaltige Unternehmensstrategie auf die Personalstrategie. An dieser Stelle geht es vornehmlich um die Frage, welche strategischen Personalmaßnahmen zur Erhaltung des langfristigen Unternehmenserfolgs ergriffen werden müssen.
In der operativen Rolle hat HR zum einen die Aufgabe, die Personalstrategie umzusetzen. Doch sie übernimmt zum anderen auch die aktive Rolle des Vorlebens, unabhängig von der Personalstrategie. Insbesondere geht es hierbei um die ökonomische, soziale und ökologische Gestaltung der Personalprozesse.
Was ist nachhaltiges Personalmanagement?
Ein nachhaltiges Personalmanagement orientiert sich am „Triple-Bottom-Line-Konzept“, wonach ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichermaßen im personalwirtschaftlichen Handeln berücksichtigt werden. Es impliziert dabei eine neue Unternehmensausrichtung, welche das Gewinnmaximierungsprinzip ablöst und stattdessen das Ziel verfolgt, den Erfolg eines Unternehmens langfristig sicherzustellen.
Um dieses Ziel zu erreichen, werden gesunde, motivierte und leistungsfähige Menschen benötigt. Dadurch rückt die Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmenden in das Zentrum des betrieblichen Handelns.
Darüber hinaus werden auch außerbetriebliche Aspekte wie Familie und Freunde berücksichtigt. Das Konzept basiert auf dem Verständnis, dass alle zuvor genannten betrieblichen und außerbetrieblichen Faktoren die Arbeitsfähigkeit beeinflussen können.
Werden einzelne Aspekte vernachlässigt, steigt das Risiko, dass die individuelle Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt wird. Zusammenfassend gesagt generiert also ein nachhaltiges Personalmanagement eine ökonomische, soziale und ökologische Win-win-Situation für Unternehmen.
Wie kann HR Nachhaltigkeit fördern?
Wenn eine Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen fehlt, kann HR dabei helfen, in kleinen Schritten durch aktives Vorleben nachhaltiges Handeln zu initiieren. An dieser Stelle wird noch nicht einmal ein Budget benötigt, sondern nur der Wille, sich nachhaltig zu verhalten. Was kann beispielsweise eine Führungskraft davon abhalten, nachhaltige Teamziele zu vereinbaren, welche sich auf ressourcenschonenden Umgang beziehen? Können gewisse Aufgaben geblockt werden um freitags im Homeoffice abgearbeitet zu werden? Braucht es womöglich mehr als nur ein Jahresgespräch, um die Zufriedenheit und somit die Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu sichern? Es sind genau jene individuellen Mini-Strategien mit Vorbildcharakter, die zu einem gemeinschaftlichen Umdenken führen.
HR kann hier wertvolle Impulse liefern, um diese Entwicklung anzustoßen. Entscheidet HR zum Beispiel, digitale Möglichkeiten umzusetzen oder Erstgespräche bei der Personalbeschaffung grundsätzlich virtuell zu führen, werden hier nicht nur Reisekosten gespart, sondern auch die Umwelt wird geschont.
Doch auch Incentive-Programme für umweltbewusstes Verhalten sind Teil des nachhaltigen Handelns. Die Liste ließe sich unendlich fortführen.
Wo gibt es bei HR Potenzial zur Optimierung?
Es gibt bereits viele gute Angebote von HR, die in die Nachhaltigkeitskategorie fallen. Durch die Corona-Krise ist das Homeoffice ein prominentes Beispiel dafür geworden. Natürlich fördern auch Angebote wie Betriebssport, gesundes Kantinenessen oder Firmentickets nachhaltiges Handeln.
Es besteht jedoch Bedarf dafür, den Gesamtzusammenhang und den Grund dafür zu erklären, warum diese Maßnahmen durchgeführt werden und welcher Anreiz dafür geboten wird.
Derzeit vergeben Firmen jedoch wertvolle Synergieeffekte, wie das folgende Beispiel zeigt:
Viele Unternehmen bieten vergünstigte Mitgliedschaften in Fitnessstudios an. Die Fehlzeitquote aufgrund Rückenprobleme bleibt trotzdem hoch. Einerseits, weil das Fitnessstudio nicht jedermanns Sache ist und nicht genutzt wird – andererseits, weil im Fitnessstudio vielleicht nicht die tatsächlichen Probleme (in diesem Fall die Rückenschmerzen) behandelt werden. Wäre es nicht effizienter eine bedarfsorienteierte, innerbetriebliche Rückenschulung während der Arbeitszeit anzubieten? Die Kosten sind im ersten Moment vielleicht höher, langfristig profitiert das Unternehmen jedoch von sinkenden Fehlzeiten aufgrund von Rückenbeschwerden, was ökonomisch viel erfolgreicher ist. Dieses Beispiel offenbart den Nachholbedarf.
Das „Warum“ der Angebote ergibt sich aus dem Ziel, den Unternehmenserfolg langfristig zu sichern, und nicht daraus, dass es die kostengünstigste Variante ist. Der Gesamtzusammenhang erschließt sich aus den folgenden drei Nachhaltigkeitsfaktoren.
Der soziale Faktor einer Maßnahme stellt den Menschen in den Mittelpunkt des betrieblichen Handelns, in diesem Fall die Arbeitnehmenden mit Rückenproblemen. Die Senkung der Fehlzeiten und die dadurch eingesparten Kosten sind die ökonomischen Faktoren und dienen der langfristigen Sicherung des Unternehmenserfolgs, in diesem Fall die Rückenschulungen während der Arbeitszeit.
Der Nutzen dieser Investition sowie die Reduzierung der Fehlzeitenkosten sind erst in der Zukunft sichtbar und erfordern ein Umdenken in der Kosten-Nutzen-Betrachtung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Der ökologische Faktor wird durch das Inhouse-Angebot der Rückenschulung realisiert.
Wie das o.a. Beispiel verdeutlicht, werden künftig noch weitere Aufgaben auf das Personalmanagement zukommen.
Möchte man als Unternehmen die Mitarbeitenden in die Nachhaltigkeit einbeziehen, wird die HR als kreativer und interdisziplinärer Lösungsfinder gefragt sein.
Wie das „Triple-Bottom-Line-Konzept“ praktisch umgesetzt wird, erfahren Sie in Teil 2.
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